Zeichnet sich da gerade eine immense Kehrtwende in der HR-Welt ab? Immer mehr Personalverantwortliche verabschieden sich von dem Begriff Human Resources Management und sprechen stattdessen von People and Culture Management. Was steckt dahinter?
Zunächst einmal klingt People and Culture Management natürlich irgendwie cooler als HR-Management. Aber ist das schon alles? Wollen sich Personalverantwortliche im Digitalzeitaler nur einen hipperen Titel geben, oder markiert der neue Name tatsächlich einen Denkwandel in der HR-Welt?
Letztes ist der Fall. Personaler*innen distanzieren sich aus gutem Grund zunehmend von der Begrifflichkeit Human Resources Management. Der Begriff gehört in die alte, analoge Welt. Und in dieser war er auch durchaus angebracht – denn es ging tatsächlich darum, Ressourcen zu verwalten. Das Personalwesen war eine reine Abrechungs- und Verwaltungseinheit.Es gibt so viele unterschiedliche Arten zu begeistern - finde die Art, die für dich funktioniert.
Die zentrale Aufgabe war es, Mitarbeiter-Informationen zusammenzutragen und diese ordentlich in Ordnern zu archivieren. Ach ja, und natürlich sollte das Gehalt pünktlich zum Monatsende auf den Konten der Mitarbeitenden sein. Auch dafür sorgte HR.
Personalwesen – das war vor allem viel Zettel- und Papierkram. Direkten Kontakt zu Arbeitnehmenden gab es nur selten. Meist nur zu Beginn und Ende einer Karriere. Dann etwa, wenn eine neue Kollegin ihren Dienst antrat und ihre Unterlagen in der Personalabteilung vorbei brachte. Oder eben, wenn sich ein Arbeitnehmer altersbedingt in den Ruhestand verabschiedete und seine Unterlagen wieder abholte.
Personalstammdaten zu verwalten und die Payroll zu managen, ist natürlich immer noch ein Teil des HR-Managements. Aber inzwischen geht es doch im Personalwesen um deutlich mehr als nur das.
Wir könnten noch unzählige weitere Beispiele nennen, wie sich HR in den letzten Jahren verändert hat. Es sollte aber eigentlich klar geworden sein, worauf wir hinauswollen. Im Personalmanagement steht nicht mehr die Administration von Personendaten im Vordergrund, sondern der Mensch selbst.
Und genau das ist der Grund, warum der klassische Begriff Human Resources Management zunehmend seltener in den Mund genommen wird. Denn in der modernen Arbeitswelt geht es um People and Culture. Punkt.
Soweit ist das auch ein mehr als nachvollziehbarer Gedanke. Allerdings bringt es nichts, die HR-Abteilung einfach nur mit einem neuen Namen zu versehen und dann weiter zu machen, wie bisher. Denn auch wenn wir uns das alle wünschen - der gedankliche Shift, weg vom klassischen HR-Management hin zu People and Culture, ist in vielen Unternehmen noch nicht abgeschlossen. Es ist eher so, dass die meisten Arbeitgebenden gerade in einer Art Niemandsland festhängen - irgendwo zwischen alter und neuer Welt.
Und auch, wenn dir das jetzt als frisch gebackener People-and-Culture Manager etwas sauer aufstoßen mag: Leider zeichnet sich an vielen Stellen ab, dass Menschen in Unternehmen noch nicht im Mittelpunkt stehen. In vielen Fällen müssen noch klassische Denkmuster aus der alten HR-Welt durchbrochen werden. Wo? Das zeigen wir dir jetzt an ein paar Beispielen aus dem Recruiting.
Wenn Unternehmen es ernst meinen, künftig die Menschen eines Unternehmens mehr in den Fokus zu stellen, bedeutet das, von Anfang an rückhaltlos ehrlich zu ihnen zu sein. Aber wie oft begegnen wir Stellenanzeigen, die vor geschönten Beschreibungen nur so wimmeln. Dass das nicht der Realität entspricht, ist jedem Bewerbenden sofort klar … und wird als unehrlich empfunden. Auf Karriereseiten ist es übrigens meist keinen Deut besser.
Es ist schon klar: Im War for Talents muss man als Arbeitgebender die Argumente auf seiner Seite haben. Man muss Begeisterung wecken, sich vom Wettbewerb abheben. Das stimmt. Aber es ist definitiv der falsche Weg, Fakten so schön zu retuschieren, dass eine regelrechte Traumwelt dabei herauskommt, hinter der die Realität kaum mehr durchblitzt.
Da werden zum Beispiel beim Foto-Shooting für Recruiting-Kampagnen schon mal die eigenen Mitarbeitenden durch Models ersetzt - oder Arbeitgebende greifen direkt zu Agenturfotos. Mit dem richtigen Bildmaterial kann man nämlich auch gleich den Diversitäts-Quotienten im Unternehmen in die Höhe pegeln. Aber jeder oder jede Bewerbende, der oder die nach einem Vorstellungsgespräch einen Unternehmensrundgang erhält, fühlt sich verschaukelt, wenn er oder sie mit der Realität konfrontiert wird. Stellt man die Menschen eines Unternehmens und Bewerbende so in den Mittelpunkt? Eher nicht.
Was uns in Stellenanzeigen und auf Karriereseiten auch immer wieder auffällt: Viele Unternehmen sprechen überhaupt nicht über die Menschen, die bei ihnen arbeiten. Stattdessen rücken sie nackte Zahlen, Daten und Fakten über das Unternehmen in den Vordergrund. Im Recruiting erfahren Bewerbende häufig, welche Erfolge eine Organisation auf sich verbucht, welch fulminantes Wachstum sie seit der Gründung hingelegt hat und wie stabil sich der Umsatz entwickelt hat.
Aber kaum jemand nennt die Namen und zeigt die Gesichter, die hinter diesen Milestones stecken. Im Grunde ist jeder einzelne Mitarbeitende an Unternehmenserfolgen beteiligt. Warum zeigst du deine Arbeitnehmenden dann nicht? Lässt sie über Erfolge berichten und darüber, wie inspirierend sie ihren Alltag in deinem Unternehmen empfinden? Damit vermittelst du eine immense Wertschätzung und legst den Fokus auf die Menschen in deinem Unternehmen. So etwas haut Kandidat*innen vom Hocker! Bette verschiedene Videos von Mitarbeitenden ein, in denen sie sich vorstellen. Oder schriftliche Testimonials in denen Arbeitnehmende für Bewerbende vom Firmenalltag berichten. Bilde dort alle Hierarchiestufen ab – vom Praktikanten bis zur Vorständin. So bekommt dein Unternehmen ein Gesicht.
Und da ist noch etwas, was uns auf dem Herzen liegt. Viele Unternehmen geben sich in Stellenanzeigen und auf ihrer Karriereseite im wahrsten Sinne des Wortes unnahbar. Bewerbende finden hier weder ein Bild noch die Kontaktinfos des zuständigen Recruiters. Das hinterlässt ein schales Gefühl: Wollen Arbeitgebende nicht kontaktiert werden?
Auch das zeugt nicht gerade davon, dass Menschen in den Vordergrund gerückt werden. Ganz im Gegenteil wirkt das unpersönlich und distanziert. Unser Tipp: Sorge für mehr Transparenz und nenne einen Ansprechpartner oder eine Ansprechpartnerin aus dem Bereich People and Culture, der oder die sich nach der Bewerbung bei den Talenten meldet oder bei Fragen von Kandidat:innen auch wirklich den Telefonhörer abhebt.
Wir haben noch einen weiteren abschließenden Tipp: Mach es Talenten nicht so schwer, sich bei dir zu bewerben. Viele Organisationen haben ellenlange Bewerbungsprozesse mit komplizierten Online-Formularen, die für jeden Bewerbenden ein Graus sind und mobile Bewerber*innen sogar gänzlich ausschließen. Denn oft sind sie nicht responsiv designt und viel zu schwierig auf einem kleinen Handy-Display auszufüllen. So schließt du viele Talente von vornherein aus, statt sie zum Zentrum deines Recruitings zu machen. Also: Biete unbedingt mobiltaugliche, einfache Workflows an.
Wenn du all das berücksichtigst, stellst du Kandidatinnen und Kandidaten in den Mittelpunkt. Das macht dich zum waschechten People and Culture Manager. Glückwunsch!
*Wir geben uns große Mühe alle unsere Texte zu Gendern. Sollte auf unserer Blogseite doch mal nur das generische Maskulinum stehen, werden dabei weibliche und anderweitige Geschlechteridentitäten ausdrücklich mitgemeint, soweit es für die Aussage erforderlich ist.